Geschichte

Geschichte des Vereins

Das Gewichtheben (Stemmen) in St. Pölten hat Tradition: So wurde vor weit mehr als 100 Jahren (1895) im Gasthaus Schülke in der Passauerstraße 42 (heute: Gasthaus zum Eisenbahner) der „Athletenklub Herkules“ gegründet. Der Klub wurde am 5.12.1908 auf den Namen des Obmannes und Gründers Josef Hable auf „St. Pöltner Turn- und Athletik-Club Hable“ umbenannt. Ab 1.12.1910 wählte man den Namen „Erster St. Pöltner Athletenklub Milon“. Es war den Mitgliedern lt. § 2 der Vereinsstatuten strengstens verboten, innerhalb des Vereins politische und religiöse Diskussionen zu führen. Das bedeutet, dass man sich bemühte den Verein weltanschaulich vollkommen neutral zu führen. Dies ist insofern von Bedeutung, da gerade an der Schwelle des 20. Jahrhunderts von verschiedenen Seiten versucht wurde, Parteipolitik in die Sportvereine zu tragen.

Der Berufsstand der Fleischhauer dominierte in den Anfangsjahren den Kraftsport in St.Pölten. Neben dem Eisenbahner Josef Hable und dem Wirten Anton Kubin aus Wagram finden sich gleich sechs Fleischhauer in der Mitgliederliste. Als stärkster Athlet galt Franz Neidl, ebenfalls Fleischhauer, der beim Stoßen mit 150 kg dominierte.

Kraftsport, und ganz besonders der Hantelsport, war in Österreich immer schon ein beliebter Zeitvertreib. Zum Teil auch reine Show, viele Kraftmenschen konnte man im Zirkus bewundern. Heiter anmutende, die damals sehr ernst gemeinten kuriosen Herausforderungen, die über Zeitungen kolportiert wurden.

Wenn man in die Protokolle Einblick nimmt, bekommt man den Eindruck, dass „Arbeiter“ und „Bürger“ in den Anfangsjahren recht gut miteinander Sport treiben konnten und dass Parteipolitik kaum eine Rolle im Verein spielte. Das sollte in späteren Jahren anders werden.

Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges kam es zum Stillstand des Vereingeschehens. Erst am 22.3.1919 lebte die Vereinstätigkeit bei Milon unter Obmann Rudolf Artner, er war Fleischhauer und betrieb ein Geschäft in der Domgasse, wieder auf. Mit der Begründung, dass die aus dem Weltkrieg zurückgekehrten Männer in keiner Weise mehr Athleten glichen, wurde der „Athlet“ im Vereinsnamen gestrichen und man nannte sich fortan „Erster St. Pöltner Kraftsportklub Milon“.

Während man bis zum Jahre 1923 dem „Österreichischen Kraftsport-Verband“ angehörte, wurde am 23. Oktober 1923 ein Beitritt zum „Österreichischen Arbeiter-Athleten-Bund“ von 1911 beschlossen. Bei der Generalversammlung am 23.3.1919 ist das Protokoll noch mit dem bürgerlichen Sportgruß „Kraft Heil!“ unterzeichnet. Aber am 14. September 1919 scheint der Arbeitersportgruß „Kraft frei!“ auf, obwohl ein offizieller Beschluss, den Verband zu wechseln, erst später gefasst wurde. Am 11. April 1921 wird in einer Versammlung berichtet, dass Gemeinderat Dr. Wilhelm Steingötter einen Arbeiter- bzw. aus sozialdemokratisch organisierten Mitgliedern bestehenden Klub ins Leben rufen will. Es kam in dieser Sitzung zu keiner Entscheidung. Auch zwei Wochen später wurde ein Anschluss an die „Sokö“ mit 11 zu 13 abgelehnt. Am 9. Juni 1923 wurde der Beitritt zum Arbeiter-Athleten-Bund nochmals verschoben, während man vier Monate später fest davon überzeugt war, zu wissen wohin man als Proletarier gehörte. Der Anschluss zum politisch orientierten Arbeiter-Athleten Bund war vollzogen. Kurz danach musste der bürgerliche St. Pöltner Sportclub eine Herausforderung von Milon ablehnen, da die beiden Konkurrenten Kraftsport-Verband unter Arbeiter-Athleten-Bund nicht gegeneinander austragen durften.

Am 16. Dezember 1925 fusionierte sich Milon mit dem Arbeiter-Turnverein von St. Pölten, behielt aber seinen Namen. Arbeiterturner hatten von nun an das Recht an den Übungsabenden der Gewichtheber teilzunehmen. Umgekehrt durften Milon Mitglieder die Turnstunden des Arbeiter-Turnvereins besuchen. Beim großen Parteifest der Sozialdemokraten auf der Trabrennbahn (1926) gewann Milon vor Südstern den großen Silberpokal der Stadtgemeinde St. Pölten. Nachdem sich Südstern 1927 auflöste, trat ein Großteil der Athleten zu Milon über.

Von Milon zu Siegfried

Zwischen 1927 und 1934 gibt es nur spärliche Aufzeichnungen, da die handschriftlichen Protokolle aus dem Protokollbuch entfernt wurden. Wenn man die Geschichte zurückverfolgt, bringt man in Anbetracht der Ereignisse des Jahres 1934 dafür Verständnis auf. Am 23. März 1934 erhielt der Obmann des Vereins, Josef Landerl, Hilfsarbeiter, folgenden Bescheid: „ Mit der Verordnung der Bundesregierung vom Feber 1934, BGBl. Nr. 78 ist der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs jede Betätigung verboten worden. Es ist amtsbekannt, dass der Verein, der seinen Rechtsbestand auf den Nichtuntersagungsbescheid vom 8. Feber 1929 gründet, im Sinne dieser Partei tätig war und noch ist. Das Vermögen der Organisation wird als beschlagnahmt erklärt: 1 Kassabuch, 1 Protokollbuch, 1 Mitgliedsbuch, 1 Stampiglie, 1 Stempelkissen und div. Belege, sowie Stemmstange mit Scheiben, Ringermatte, 1 Bank, 1 Kasten, Pokale und Bilder wurden eingezogen.“

Nach der Auflösung der Arbeiter-Sportvereine anno 1934 findet man ein Protokoll der Gründungsversammlung des „Erster St. Pöltner Kraftsportklub Siegfried“, praktisch ein Nachfolgeverein von Milon. In einem Bericht des Magistrates St. Pölten, Polizeiamt, heißt es: „Die nunmehrigen Mitglieder dieses Vereins sind vaterländisch eingestellt und der Sportvereinigung „Sturm 1934“ eingegliedert“. Der Hinweis im § 2 “…die Bestrebungen die Arbeiterklasse zu unterstützen, werden wieder mit dem Verbot von politischen und religiösen Diskussionen ausgetauscht.“ Gegrüßt wird wieder mit „Kraft Heil!“ und man kehrt wieder in den Schoß des „Österreichischen Kraftsport-Verbandes“ zurück. Eine andere Alternative gibt es nicht mehr. Nach einem regen Schriftverkehr darf am 15. August 1935 wieder der Traditionsname „Erster St. Pöltner Kraftsportklub Milon“ angenommen werden.

In den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg kommt es zu Vergleichskämpfen mit dem St. Pöltner Kraftsportverein Sportklub, Harland, Sturm 19 und Herkules, wobei der letztgenannte Verein sich mit Milon 1935 fusionierte. Während des Zweiten Weltkrieges erlahmen die Vereinstätigkeiten in St. Pölten.

Milon beginnt am 16. März 1947 mit einem Eröffnungstraining und Harland steigt 1948 wieder ins Wettkampfgeschehen ein.

Noch einmal ein Blick zurück: in den 20er Jahren war Gewichtheben eine der beliebtesten Sportarten in Österreich und es gab sieben Vereine in St. Pölten, die Stemmer zu Meisterschaften entsandten. In Harland bildete sich eine Gruppe junger Burschen, die ihre Kraft durch das Heben schwerer Gewichte messen wollten. Vereinsmäßig schlossen sie sich 1921 dem Wilhelmsburger Sportverein „Vorwärts“ an und 1924 machten sie sich unter dem Namen „Arbeiter Athleten Klub FREIHEIT Harland“ selbstständig.

1924 stieß der „A. K. Stattersdorf“ zu den Harlandern, und auf Initiative des damaligen Direktors der Harlander Zwirnfabrik wurde man Mitglied im „Harlander Sportklub“.

Beim genaueren Nachzählen der Kraftsportvereine, die es je in St. Pölten gab, ist die Stemmerlegende Willibald Schaferl auf zehn Klubs gekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es nur noch zwei: „Milon“ und „Harland“. Die große Zeit der St. Pöltner Gewichtheber scheint der Vergangenheit anzugehören.

Im Jahr 2005 sind 47 Teamleistungen in der Rangliste des Österreichischen Gewichtheberverbandes registriert. Im vorderen Drittel scheinen mit dem SC Harland (Rang 8) und dem HSV Milon (Rang 15) zwei St. Pöltner Traditions-Vereine auf. Mit Kraushofer Manfred (Milon) und Leister Andreas (Harland) ragen zwei Namen aus der Aufstellung der Stadtrekorde heraus. Mannschaftlich betrachtet, konnte sich Harland in den letzten Jahren immer vor Milon platzieren. Die Namen von Steingruber Ulrich, Lenk Gerhard, Mörth Gerhard und Resch Helmut findet man mehrmals in den internationalen Ergebnislisten. Zuletzt holte sich St. Pöltens Gewichtheberlegende Willibald Schaferl (82) Silber bei der WM 2005 in Kanada und Gold bei der Europameisterschaft in der Slowakei und er will auch 2006 bei diesen Meisterschaften nicht fehlen.

Dies ist ein Auszug aus dem Jahrbuch „1. St. Pöltner Kraftsportklub – MILON 1895 – 2005“. Das Buch kann bei Obmann Eduard Mann gegen eine freie Spende erworben werden.

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